Beispiel:
Kriegsformen, Terrorismus, Aufstandsbekämpfung.

Spätestens seit den verheerenden Anschlägen des 11. September 2001 auf New York wurde von vielen Politikern und Beobachtern der Terrorismus als eine Art des Krieges dargestellt. Meist handelte es sich dabei um eine rhetorische Übertreibung, die nur betonen sollte, wie schrecklich dieser Anschlag war; oder es ging um die Legitimation eigener Militärpolitik: Wenn man durch einen Kriegsakt angegriffen wurde, bestünde ja das Recht zur militärischen Selbstverteidigung, also implizit auch das Recht, in Afghanistan oder dem Irak selbst Kriege zu beginnen.

Tatsächlich spielen heute nicht-staatliche Gewaltakteure - z.B. ethnische Milizen, Gruppen religiöser Kämpfer, internationale Söldnerfirmen, Drogenkartelle und andere - eine wichtige Rolle in den meisten Kriegen. Die Unsitte, alle oder zumindest die im eigenen Land unbeliebten solcher Gruppen als “Terroristen” zu bezeichnen, mag politisch verführerisch oder emotional verständlich sein, trägt aber analytisch nichts bei. Viele von ihnen begehen gelegentlich oder öfter terroristische Akte, wie auch staatliche Geheimdienste und Militärs. Das bedeutet aber nicht, dass sie deswegen alle automatisch “terroristische Organisationen” seien. Meist werden terroristische Akte als taktische Mittel eingesetzt, wenn dies nützlich erscheint, genau wie man Luftangriffe, Artilleriebeschuss oder Hinterhalte einsetzt. Nur sehr wenige Organisationen betrachten Terrorismus als Strategie und begehen vorwiegend terroristische Akte - was dann begründen würde, sie tatsächlich als “terroristische Organisationen” zu bezeichnen. Die anderen genannten Gruppen oder Organisationen mögen ebenso skrupellos und gewalttätig sein, oft sind sie sogar noch gefährlicher - aber sie einfach unter dem Etikett “Terrorgruppen” abzuheften, führt in die Irre und weitet den Terrorismusbegriff ins Nichts aus.

Wer die zahlreichen Kriege und Gewaltkonflikte der Gegenwart verstehen möchte, sollte mit seiner Analyse besser bei den zahlreichen Aufständen beginnen, die aus sehr unterschiedlichen Gründen in vielen Ländern zu beobachten sind und waren. Autonomie- oder Unabhängigkeitsbestrebungen, Widerstand gegen Diktaturen oder autoritäre Regierungen, Machtansprüche sozialer, ethnischer oder religiöser Minderheiten, Machtansprüche aufgrund damit verknüpfter ideologischer (auch religiös geprägter) Bewegungen, oder Widerstand gegen militärische Besatzung können zu Aufständen führen, die fast immer wirtschaftliche, soziale, politische und (para)-militärische Dimensionen beinhalten. Terrorismus kann, muss dabei aber nicht eine Rolle spielen.

Staatliche Akteure reagieren darauf in aller Regel mit einer Politik der Aufstandsbekämpung (“Counterinsurgency”). Je nach den innenpolitischen und internationalen Umständen nehmen solche Politiken sehr unterschiedliche Formen an, die von bloßer militärischer Repression (bis zum Völkermord) zu militärisch gestützten Reformprogrammen reichen können. Ausländische Akteure - meist die Regierungen größerer Staaten - spielen dabei sehr häufig eine wichtige Rolle, entweder durch Beratung und Finanzierung, durch Waffenlieferungen, oder den Einsatz eigener Truppen. Rußland in Syrien oder die USA im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins sind Beispiele.

Dabei vermischen sich dann sehr häufig innergesellschaftliche und zwischenstaatliche Konfliktdimensionen, was eine Konfliktlösung oft erschwert.