Waffen liefern – Ukraine und Saudi Arabien

Wir wissen seit langem, dass Waffenlieferungen sehr häufig Gewaltkonflikte befeuern oder zur internen Repression genutzt werden. Die offizielle – oft nicht umgesetzte – Zurückhaltung Deutschlands bei Rüstungsexporten war deshalb eine gute Idee und ein wichtiger Beitrag zur Konfliktprävention. Sie war allerdings immer schon löcherig: Waffenverkäufe an NATO-Partner (was die Türkei einschließt), zur politischen Landschaftspflege und aus kommerziellen Gründen kamen immer wieder vor.

Nun gibt es ein umfangreiches Programm der Waffen- und Rüstungslieferung an die Ukraine. So sehr dies Unbehagen hervorruft, so muss doch festgehalten werden, dass hierbei ein besonderer Fall vorliegt: Ein Anheizen des Krieges ist hier nicht zu erwarten, da der russische Überfall auf die Ukraine den deutschen Waffenlieferungen voranging; der Krieg war bereits vom Zaune gebrochen, bevor die Waffen geliefert wurden. Die Waffenlieferungen haben den Krieg nicht verursacht und sie werden diesen – entgegen der russischen Propaganda – auch nicht in die Länge ziehen, solange man die Kapitulation des Opfers vor dem Aggressor nicht für eine vertretbare Option hält. Darüber hinaus dienen die Waffenlieferungen nur der Selbstverteidigung des Angriffsopfers vor dem Aggressor, dessen Kriegsverbrechen (u.a. Folterung und Ermordung von Zivilisten, Zerstörung ziviler Infrastruktur) inzwischen klar belegt sind. Das Recht auf Selbstverteidigung ist eine moralische und politische Selbstverständlichkeit und völkerrechtlich legitimiert. Wer sich selbst verteidigt steht dann im Krieg, steht aber nicht auf einer Ebene mit dem Angreifer. Und um sich selbst zu verteidigen, muss man zuerst einmal über die Mittel der Selbstverteidigung verfügen, also über Waffen und anderes militärisches Gerät, neben anderen Dingen (z.B. Geld). Wird ein relativ schwacher Akteur von einem weit stärkeren überfallen, ist diese Notwendigkeit besonders groß. Die deutschen und internationalen Waffenlieferungen an die Ukraine sind angesichts der aktuellen Situation eine Nothilfe, die einen brutalen und völkerrechtswidrigen Angriff abzuwehren hilft. Dagegen fallen mir keine überzeugenden Argumente ein, und eine Ausnahme von der Zurückhaltung bei den Rüstungsexporten ist angebracht und nötig.

Anders sieht es bei den Rüstungsexporten nach Saudi Arabien (oder Ägypten oder in die Türkei) aus. Bei ihnen geht es nicht um die Selbstverteidigung eines Schwächeren, sondern zum Teil um wirtschaftliche Gründe, zum Teil um die Unterstützung von Aggressoren. Saudi Arabien (und in geringerem Maße Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate) führen einen Krieg im Yemen, ohne von dort angegriffen worden zu sein. Ihre Luftangriffe haben dort eine humanitäre Katastrophe verursacht, 200.000 Menschen wurden bereits getötet und 5 Millionen stehen am Rande des Hungertodes. Es muss auch daran erinnert werden, dass sowohl Saudi Arabien wie Ägypten zu den schlimmsten und repressivsten Diktaturen der Welt gehören, die politisch oder militärisch zu stärken sich schon deshalb verbieten sollte. Trotzdem liefert Deutschland Waffen.

Die Gefahr besteht heute darin, dass die Sondersituation der auch militärischen Unterstützung der Ukraine gegen äußere Aggression zum Vorwand genommen wird, zentrale Prinzipien einer friedfertigen und demokratischen Außenpolitik gleich mit abzuräumen. Diktaturen, die andere Länder militärisch verwüsten, durch Waffen und Gerät zu unterstützen ist etwas völlig anderes als einem Land zu helfen, das zum Opfereines militärischen Überfalls wurde und um seine Existenz kämpft. Das sollte doch eigentlich auf der Hand liegen. Moralistisches Gerede ist keine Friedenspolitik, am wenigsten wenn sie von der eigenen Politik immer wieder widerlegt wird.

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